Salzgewinnung in Friesland
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Viele historische Handwerke reichen bis weit vor der Zeit des Mittelalters
zurück, wie beispielsweise die Töpferei oder die Kunst der Seilerei.
Aber nicht viele der vom Friesenring dargestellten Handwerke sind echte
friesische Handwerke.
Befasst man sich näher mit der Geschichte der friesischen Seelande
so stößt man bald auf ein wahres friesisches Handwerk welches eng
mit dem sogenannten Friesensalz zusammen hängt: Das weiße Gold,
welches nebst dem Bernstein, der bereits schon 350 v. Chr. in den
Mittelmeeraum exportiert wurde, eines der Haupthandelsgüter
des Landes darstellte.
Der Rohstoff Salz, mittlerweile ein Standard
in der heimischen Küche und überall zu
erwerben, galt lange Zeit als teures Natur-
erzeugnis und blieb oftmals nur den höher-
gestellten Herren vorbehalten.
Ein Produkt der Natur, welches im Gegen-
satz zu Holz nicht überall auf der Welt
vorkommt und zudem nur mit viel Aufwand
zu gewinnen war, was nicht zuletzt auch
seinen damaligen Marktwert ausmachte.
Neben der heute allgemein bekannten Verwendung als Speisesalz hatte das Salz
früher noch eine weit entscheidendere Bedeutung: Man benutzte es zum Einzupökeln.
Dabei werden die Esswaren in eine Salzlauge gelegt und in einem Behälter
verschlossen aufbewahrt. Diese Salzlauge konserviert das Pökelgut lange Zeit,
so dass es weit über die normale Haltbarkeitsgrenze hinaus genießbar bleibt.
Gerade diese Eigenschaft des Salzes stellte die Hauptverwendung dar und machte es
zu einer Zeit, als es keine Kühlschränke und Gefriertruhen gab, zu einem sehr wichtigen –
manchmal sogar überlebenswichtigen – Handelsgut.
Ein Gut, auf welchem die Friesen wortwörtlich hockten.
In welcher Form das Friesensalz vorlag und wie es im Mittelalter mühsam gewonnen wurde,
stellt der Friesenring in der mittelalterlichen Handwerksdarstellung des friesischen
Salzsieders da. Und das war mitnichten ein einfaches Handwerk, denn anders als man
vielleicht vermutet gewann der Salzsieder das Salz nicht aus dem Meerwasser
(welches mit knapp 3% einen recht niedrigen Salzanteil hat), sondern aus etwas ganz
anderem: Dem heimatlichen Torf, auch Salztorf genannt, der wie der Name schon verrät
recht salzhaltig ist. Doch warum war gerade der Torf im Landesinnern salziger als das
Meerwasser selbst?
Vor den Zeiten des friesischen Deichbaus
wurde die Nordseeküste oft überflutet und
hat dadurch eine Flora und Faune
geschaffen, die mit ihren Salzwiesen
einzigartig in der Welt ist.
Diese Koexistenz aus ländlichen Pflanzen
und den starken Einflüssen des Meeres
mit salzhaltigem Wasser und dem
angespülten Meeresschlick führte dazu,
dass sich im Laufe der Zeit im ehemalige
Gebiet der friesischen Seelande eine
salzhaltige Torfschicht bilden konnte.
Dieser Salztorf eignet sich nicht nur als Brennmaterial, sondern enthält bedingt
durch die ständigen Überschwemmungen starke Ablagerungen von salzhaltigem Meerwasser.
Die Aufgabe des mittelalterlichen Salzsieders bestand darin,
diese begehrten Ablagerungen vom restlichen Torf zu trennen.
Zunächst wurde der Salztorf abgebaut, indem die Ebbezeiten
genutzt wurden und dies vermutlich der Grund für die langen
Mulden im Watt ist, die man noch heutzutage sehen kann. Jahre später lag der Salztorf,
geschützt unter einer Schlickschicht auch mal längere Zeit im Trockenen. Zu der Zeit
konnte man ihn systematisch in geraden Linien abstechen. Lag der Salztorf nun längere
Zeit im Freien und wurde er nicht mehr regelmäßig mit Meerwasser getränkt, so spülte
der Regen das Salz nach un nach hinaus.
An Land musste die Friesen den Torf erst einmal zerkleinern und trocknen.
Dann wurde er in einem Meiler aufgeschichtet und verbrannt. Der Brennvorgang
selbst ist sehr rauchintensiv und dadurch eine starke Belastung der Umwelt.
Die Asche der Meiler wurde in eine Art Brikett zu Mieten aufgeschichtet und
mit Erde abgesteckt, um somit ein Herauswaschens durch den Regen zu verhindern.
Daraus entnahmen die Salzsieder nun ihre Tagesportionen, die sie in großen
Trichtern aus komprimierten Stroh immer wieder mit Meerwasser übergossen,
so dass wegen der sich lösenden Salz Sole enstand. Der Salzgehalt der Sole
wurde nun mit einem frischen rohen Ei gemessen, welches bei der richtigen
Salzmenge oben schwimmt (was einem Salzgehalt von mind. 20 - 26 % entspricht).
Anschließend wurde das Salz in der Pfanne
zum Sieden gebracht, so dass sich das Wasser
vom Salz trennt. Das herausgesiedete Friesensalz
musste nun nur noch getrocknet werden
und was sofort – grau wie es war –
zum Verzehr geeignet.
Der Aufwand spiegelt sich nicht nur in der
schweißtreibenden Arbeit des mittelalterlichen
Salzsieders wieder, auch in der Natur hinterließ
die Salzgewinnung ihre Spuren. Dort kam es durch die Überflutung der
Abbaugebiete vor allem bei Sturmfluten zu massiven Landverlusten.
Dennoch blieb das harte Handwerk – welches einiges zum Reichtum des Frieslandes
beigetragen hat – bis zu Zeiten des 30-jährigen Krieges erhalten. Ab da geriet es jedoch
durch andere Salzgewinnungsmethoden immer mehr in Vergessenheit.
Bei der vom Friesenring vorgeführten Darstellung des Salzsieders werden dem Publikum
all diese Aspekte vermittelt und die einzelnen Arbeitsschritte durch Anfassen und Miterleben
näher gebracht. Die Darstellung des historischen Handwerks wird zusätzlich durch einen
kleinen Verkaufstand abgerundet, an dem verschiedene Salzarten angeboten und für Kunden
speziell abgewogen sowie verpackt werden.