Kletzie und Schuppenrock
- Details
- Erstellt am Freitag, 21. Dezember 2012 15:19
Ihre Frage:
Hallo Friesenring,
Ich möchte einen Friesischen Krieger aus den Frühmittelalter (9 - 10 Jahrhundert) darstellen
und deswegen möchte ich gern nachfragen ob es den Sprungspeer Kletsie schon als Waffe
in der Zeit gabs. Und meine 2 Frage wäre, es gibt mehrere Kirchenmalereien
(zb von Woldendorp) da tragen die friesischen Krieger Kilts mit Schuppen dran und
im Stuttgarter Psalter sind mir diese Schuppenröcke auch schon aufgefallen.
Kann ich mich auf diese Kilt darstellung für meinen Zeitraum beziehen oder
bin ich damit komplett falsch?
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Unsere Antwort:
Hallo Patrik,
Unserem Wissen nach, stammt die schöne Wandmalerei dieses friesischen Kriegers
aus der Kirche von Woldendorp aus der Mitte des 14. Jahrhunderts.
Die Gewandung, die er trägt, könnte vielleicht sogar eher ein friesischer Ritualrock sein,
da man dort recht deutlich den starken Faltenwurf sieht.
Den angesprochenen vermutlichen Schuppenpanzer sieht man auf jeden Fall noch
deutlicher bei den friesischen Kriegern der Deckenmalerei in der Kirche Westerwijdwert,
welche aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammt (du kannst übrigens all
diese Abbildungen sehr gut zusammengefasst in dem Buch
„Die Friesische Freiheit des Mittelalters – Leben und Legende“ -
OSTFRIESISCHE LANDSCHAFT ISBN 3-932206-30-4 nachschlagen.
Am besten kannst du diesen Schuppenpanzer auf dem „Totius-Frisiae-Siegel“
(Upstalsboombund) aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts sehen (über den
gesamten Körper), wo er von zwei friesischen Kriegern getragen wird und der rechte
der beiden eben auch sehr deutlich den Sprungspeer hält.
Doch auch bei diesem Schuppenpanzer scheint unklar zu sein, ob er aus Metall,
oder vielleicht auch Lederplatten besteht. Unser Schmied verfügt über eine solche
Rekonstruktion, die aus Metallplatten besteht. Kannst du dir mit Sicherheit bei
Gelegenheit mal ansehen… vielleicht auf unserem „Friesenring-Turnier mit
passendem Handwerk“ am ersten Septemberwochenende 2012
in Hagen im Bremischen.
Was den Sprungspeer betrifft, ist dieser ebenfalls auf vielen dieser Abbildungen,
wie Siegeln, oder eben auch der Deckenmalerei zu sehen. Jedoch ist eher davon
auszugehen, dass er nach der Fertigstellung des „Goldenen Rings“, der geschlossenen
Deichlinie, was im 12. Jahrhundert geschehen ist, „entwickelt“ wurde und zum Einsatz kam.
Denn die durch den Deich nutzbar gemachten Marschgebiete wurden durch zahllose
Gräben, Wettern, usw. entwässert, so dass zur Überquerung dieser dann der
Sprungspeer (Kletzie) benutzt wurde, also mit hoher Wahrscheinlichkeit vermutlich
eben auch erst zu dieser Zeit entstanden ist, bzw. entwickelt wurde.
Somit ist die Frage, ob es diesen Sprungspeer schon im 09. oder 10. Jahrhundert
gegeben hat. Auch was den Schuppenpanzer betrifft ist uns unklar, ob dieser schon
in dieser Zeit zum Einsatz kam, da all die Abbildungen, die uns bekannt sind,
wie eben auch die von dir genannte, aus einer späteren Zeit stammen.
Somit würden wir sagen, dass die Darstellung eines friesischen Kriegers zu der von dir
geplanten Zeit eher nicht auf diese beiden beschriebenen Details begründet werden kann.
Würden uns jedoch sehr freuen, wenn du uns mit deinen Forschungen und
Ergebnissen hierzu auf dem Laufenden hältst.
Hoffen, dass wir dir hiermit ein wenig helfen konnten.
Vielleicht konnten wir dich hiermit ja auch dazu bewegen, dich eher auf das
13. Jahrhundert zu konzentrieren, dann würdest du auf jeden Fall richtig liegen.
Wenn nicht, würden wir uns umso mehr freuen, hier auch weitere Informationen
von dir zu bekommen, vor allem auch in Bezug auf die allgemeinen Kleidung des
9. u 10 Jahrhunderts, wozu wir schon einmal eine Anfrage hatten, deren Klärung
wir bisher noch nicht abschließend beantworten konnten.
Lieben Gruß,
Euer Friesenring